Maida Zeric 01.11.2023 6 Minuten und 9 Sekunden

Ausweitung der Lkw-Maut 2023 und 2024: Ein Blick auf die Herausforderungen

Kostenexplosion auf der Straße? Ein Blick auf die Herausforderungen.

Am 20. Oktober 2023 hat der Bundestag der Ausweitung der Lkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen zugestimmt. Die ersten Novellierungen treten bereits ab Dezember 2023 in Kraft. Neben Mehreinnahmen von über 26 Milliarden Euro verspricht sich die Bundesregierung auch eine Senkung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor. Sicher ist jedoch: Der Gesetzesentwurf bleibt nicht ohne einschneidende Veränderungen für die Industrie- und Logistikbranche sowie für den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland.

Lkw Maut 2023 2024
Unternehmen mit Lkw auf deutschen Straßen werden die Auswirkungen der Mautnovelle unmittelbar zu spüren bekommen.

Lkw-Maut-Erhöhung 2024 – was ändert sich?

Es ist verkehrspolitisches Neuland, das die deutsche Bundesregierung mit der jüngsten Ausweitung der Lkw-Maut betritt: Erstmals wird diese an die Höhe des CO2-Ausstoßes gekoppelt – dies war auch so im Ampel-Koalitionsvertrag vorgesehen. Die Lkw-Maut-Erhöhung in Form einer CO2-Komponente tritt bereits ab dem 1. Dezember 2023 in Kraft und schlägt zusätzlich mit 200 Euro je ausgestoßener Tonne Kohlendioxid zu Buche. Darüber hinaus werden ab Juli 2024 auch Lkw ab 3,5 t mautpflichtig.

Die klare Vision der Entscheider: Die Reduktion von Treibhausgasemissionen im Verkehr, ein schnellerer Umstellung auf alternative, klimaschonende Antriebe im Transportsektor und damit einen großen Schritt hin zur Elektrifizierung eines Drittels der Fahrleistung bis 2030. Derweil sollen die zweckgebundenen Mehreinnahmen jeweils zur Hälfte in die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur sowie für Maßnahmen im Bereich des Schienennetzes fließen.

Die Initiatoren und Befürworter der neuesten Mautgestaltung erhoffen sich obendrein einen sogenannten „Modal Shift“ – also die Verlagerung des Transportaufkommens auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel, zum Beispiel von der Straße auf die Schiene oder Binnenschifffahrt. Doch nur allzu oft lassen sie dabei außer Acht, dass auch bei alternativen Transportmodi ein vor- oder nachgelagerter Straßentransport unumgänglich ist.

Lkw Maut 2024
Der Güterverkehr soll häufiger von der Straße auf die Schiene. Allerdings ist auch hier ein Vor- und Nachlauf via Lkw unverzichtbar. Es bleibt abzuwarten, inwieweit dieser Wunsch tatsächlich aufgeht.

Mehr Sorgenfalten als Beifall

Die ambitionierten Ziele und der Wunsch nach einer nachhaltigeren Logistik mag ein allseits geteilter Wunsch sein. Doch all dies stößt auf eine harte Realität – die nüchternen Zahlen des Gütertransports auf der Straße. Was auf Speditionen und Unternehmen mit Lkw-Flotte zukommt, verdeutlicht eine vereinfachte Beispielrechnung:

Ein Liter Dieselkraftstoff erzeugt einen Ausstoß von etwa 2,68 kg CO2. Ein voll beladener 40-Tonnen-Lkw mit einem angenommenen Verbrauch von 35 Litern Diesel auf 100 Kilometern erzeugt auf eben jener Entfernung somit rund 94 kg CO2 je 100 Kilometer. Nach 1063 Kilometern Fahrt – also etwa der Strecke von Frankfurt nach Hamburg und zurück und somit einem klassischen Routenabschnitt im Logistikalltag – hat dieser Lkw also ungefähr eine Tonne CO2 ausgestoßen. Ab Dezember 2023 würden nun allein hier zusätzliche Mautkosten von 200 Euro anfallen. Geht man von einer durchschnittlichen Fahrleistung von 10.000 Kilometern pro Monat aus, summieren sich die Mehrkosten für diesen Zeitraum auf fast 2.000 € – wohlgemerkt je Fahrzeug.

Jene Speditionen, die bereits in effizientere oder alternative Antriebstechnologien investiert haben, sind durch einen geringeren CO2-Ausstoß weniger betroffen. Andere könnten versuchen, die Auswirkungen zu mildern und die Kosten pro transportierter Einheit zu reduzieren, indem sie Maßnahmen ergreifen, um ihre operative Effizienz zu steigern – etwa durch bessere Routenplanung, höhere Auslastung von Lkw oder die Bündelung von Sendungen.

Unterm Strich wird die Einführung der CO-Komponente in die Lkw-Maut sowie auch die Ausweitung der Mautpflicht auf kleinere Lkw ab 3,5 t in jeden Fall höhere Transportkosten im Inland zur Folge haben. Davon werden sowohl der Transportsektor selbst als auch die Verbraucher betroffen sein – besonders, wenn Speditionen und Transportunternehmen die zusätzlichen Kosten an ihre Kunden weitergeben müssen.

lkw mauterhöhung 2024
Wohin steuert die deutsche Wirtschaft angesichts immer weiter steigender Kosten? Ob hiesige Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit verteidigen können, wird die Zukunft zeigen.

Neue Lkw-Maut: Kommt der Wirtschaftsstandort Deutschland unter die Räder?

Die Ausweitung der Lkw-Maut wird nicht ohne Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen bleiben. In einem ohnehin angespannten Marktumfeld wirken sich höhere Logistikkosten zwangsläufig preistreibend auf exportierte Waren aus. Auch für den Bereich der Seefracht bedeutet die Ausweitung der Maut vor allem eins: höhere Vorlauf- und Nachlaufkosten, die das Geschäft erschweren und die Margen weiter schmälern.

Deutsche Produkte könnten auf internationalen Märkten dadurch weniger konkurrenzfähig werden – insbesondere, wenn die Transportkosten generell einen großen Teil an den Gesamtkosten ausmachen, etwa in heimischen Schlüsselsektoren wie zum Beispiel der chemischen Industrie oder dem Maschinenbau.

Nicht erst seit gestern sehen sich einige deutsche Unternehmen gezwungen, ihre Produktion oder Lagerhaltung in Länder mit niedrigerem Kostendruck zu verlagern, um weiter im Spiel zu bleiben. Die Lkw-Maut-Erhöhung ab Dezember 2023 beziehungsweise Juli 2024 könnte sich allerdings als weiterer Preistreiber entpuppen.

Letztlich hängt die Möglichkeit, höhere Kosten an die Kunden weiterzugeben vom Markt- und Wettbewerbsumfeld ab. Nicht alle Unternehmen – ob Produzenten oder Fuhrunternehmer – werden dazu in der Lage sein, diese Kosten vollständig weiterzureichen, ohne ihre Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden.

Die Hoffnung, dass die Mauterhöhung zu einer schnellen Umstellung auf umweltfreundlichere Fahrzeuge führen könnte, darf außerdem kritisch hinterfragt werden. Die notwendige Infrastruktur für Elektro-LKW oder Wasserstoffantriebe ist in Deutschland noch nicht flächendeckend vorhanden, und die enormen Investitionskosten sind für viele Unternehmen schlicht nicht zu stemmen.

Fazit: Ein Wagnis mit ungewissem Ausgang

Höhere Frachtraten, teurere Waren, niedrigere Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft: Die Mautnovelle mag trotz aller positiven Hoffnungen und Ziele den Standort Deutschland in unsicheres Fahrwasser zu manövrieren. Die deutsche Wirtschaft, eine Wirtschaft, die wie eine präzise Uhr auf Effizienz und Pünktlichkeit getrimmt ist, sieht sich nun mit einem zusätzlichen Kostenfaktor konfrontiert. Speditionen, die in grüne Technologie investiert haben, könnten sich zwar besser stellen – für viele wird der Weg jedoch ein finanzieller Kraftakt.

Die Erwartung, der Schwerlastverkehr würde sich schnell grünen Alternativen zuwenden, könnte sich als trügerisch erweisen. Und nicht zuletzt sind der hohe Investitionsbedarf und der Mangel an notwendiger Infrastruktur unübersehbare Hindernisse. Was in diesem Kontext allerdings positiv zu betrachten ist, ist die zweckgebundene Verwendung der Mehreinnahmen in die Verbesserung der Straßenverkehrs- und Schieneninfrastruktur.

Bis dahin bleibt es jedoch ein Wettlauf gegen die Zeit – und gegen die Kosten. Denn die Maut-Erhöhung könnte zur Feuerprobe für die deutsche Logistik- und Wirtschaftskraft werden. Ob sich die erhofften Effekte einstellen – weniger Emissionen, ein Umstieg auf umweltfreundliche Fahrzeuge – wird die Zukunft zeigen. Sicher ist nur, dass der Weg dorthin für alle Beteiligten ein steiniger sein wird.

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